Zu Besuch bei Industriedesigner Fabian Schwaerzler | Bestswiss

Zu Besuch bei Industriedesigner Fabian Schwaerzler

08:32 Uhr, Hauptbahnhof Bern. Ich steige in den Zug Richtung Zürich und fahre anschliessend mit der S4 bis zur Station Zürich Binz, danach geht’s weiter Richtung Hopfenstrasse, einem gemütlichen Arbeits- und Wohnquartier mitten im Kreis 3, wo Fabian Schwaerzler arbeitet und lebt. Meine Augen gewöhnen sich allmählich wieder ans Tageslicht, denn ich war gefühlte 80 Minuten nur unter der Erde unterwegs. Ich klingle bei der Hausnummer 18. Ein gross gewachsener, sympathischer junger Mann öffnet die Tür: „Tschou, chum ine. I zeige dr mis Atelier – hie, wo i o grad wohne.“ Fabian Schwaerzler ist in Spiez, dem Tor zum Berner Oberland, aufgewachsen. Seit vielen Jahren lebt er nun in Zürich, wo er auch Industrial Design studiert hat. „Möchtsch ä Tee?“, fragt der zuvorkommende Gastgeber. Und schon sitzen wir gemütlich am Küchentisch und beginnen unser Gespräch bei einer Tasse Grüntee.

Fabian Schwaerzler in der Küche, Hopfenstrasse 18, Zürich

Fabian Schwaerzler in der Küche, Hopfenstrasse 18, Zürich

Du bist gelernter Metallbauschlosser. Würdest du allen, die Industrial Design studieren wollen, vorgängig eine Lehre empfehlen?

Die Lehre als Metallbauschlosser war in vielerlei Hinsicht eine gute Wahl. Theorie ist im Allgemeinen eine durch Denken gewonnene Erkenntnis – im Gegensatz zur Praxis. Ich lernte, dass Metall und Stahl sehr plastisch und gut formbar sind. Zudem ist der Geruch des Materials ist einmalig. Das Arbeiten mit verschiedenen Materialien – in meinem Fall vor allem Metall – ist bestimmt eine gute Grundlage für ein Designstudium.  Nirgends lernt man das Material besser kennen, als beim selber Verarbeiten in einer Werkstatt.

Was hat dich in deiner Lehrzeit geprägt?

Nebst der Passion, täglich mit dem Material arbeiten zu dürfen, musste ich die Werkstatt putzen und sauber halten. Typische Lehrlingsarbeit, die aber bestimmt nicht geschadet hat.

Wie definierst du gutes Design?

„U das isch ä riisä Frag…“ Designgestalter sollten auf die Umweltverträglichkeit und den Kaufpreis achten. Design sollte für jeden erschwinglich sein. Die Funktionalität muss stets im Vordergrund bleiben, ohne dabei die Qualität zu vernachlässigen. Oft sind nämlich gerade die unscheinbaren Dinge die besten.

Fabian Schwaerzler im Atelier, Hopfenstrasse 18, Zürich

Fabian Schwaerzler im Atelier, Hopfenstrasse 18, Zürich

Der Werkplatz Schweiz ist bekannt für seine teuren Erzeugnisse. Dir gelingen immer wieder Produkte, die nach deinen Designvorsätzen hergestellt werden: Sozial, demokratisch, nachhaltig, wobei die Funktion sets im Vordergrund steht. Nilo heisst der Tisch, den du für das Möbellabel Tossa entworfen hast. Er entspricht ganz deinen Designvorsätzen. Die minimalistische Armbanduhr L1 hast du für Maurice de Mauriac entworfen. Preislich ist sie jedoch etwas teurer, was nicht deiner Philosophie entspricht

Mit Tossa habe ich einen Schweizer Hersteller gefunden, der nach meinen Designvorsätzen arbeitet. Der Tisch Nilo ist aus einfachen Materialien, schlicht in der Form, zerleg- und bezahlbar. Die Uhr L1 wird in Zürich zusammengebaut und ist eher der mittleren Luxusklasse zuzuordnen. Das Leben als Designer in der Schweiz ist ambivalent, interessant und nicht selten paradox.

Was ist gutes und erfolgreiches Schweizer Design?

„Wieder ä riisä Frag.“ Die Swatch Uhr zum Beispiel halte ich für ein sehr gelungenes Massenprodukt. Das Gehäuse, die Batterie und das Uhrenband können ausgewechselt werden. Dank Quarz-Einbau ist die Uhr sehr präzis.

Swatch, Sparschäler Rex, Schnitzer Victorinox

Swatch, Sparschäler Rex, Schnitzer Victorinox

Oder der Sparschäler Rex, der seit 1947 produziert wird, ist funktional und praktisch zugleich. Ausserdem kann die Klinge ausgewechselt werden. Oder das Gemüsemesser – ­ auch „Schnitzer“ genannt – von Victorinox liegt gut in der Hand und ist sehr genau beim Schneiden. Alle drei Produkte sind funktional, zeitlos, langlebig – und eben auch unscheinbar.

Deine Produkte sind ausschliesslich Lösungen für unkompliziertes Wohnen und Arbeiten sowie nachhaltige Möbel mit hohem Qualitätsanspruch. Welche umgesetzten Alltagsobjekte sind deine Lieblingsprodukte?

Ich bin für meine durchdachten Entwürfe bekannt und freue mich, wenn das im Markt auf Begeisterung stösst. Der Tisch Nilo wird lokal produziert und ist auf die Essenz reduziert. Der Stuhl C1 Colos ist sehr minimalistisch gehalten und das verwendete Metall ist 100% recyclebar. Die Armbanduhr L1 ist grafisch stringent gestaltet und mit einem Schweizer Automatikwerk ausgestattet. Das Beste, was es gibt!

L1, 2014 / L2, 2017 / L3, 2019 von links nach rechts

Du hast bereits die Uhren L1 und L2 entworfen. Ist eine L3 geplant?

Ja, die L3 habe ich bereits designt. Sie wurde erstmals an der Baselworld 2019 einem breiten Publikum vorgestellt. Eine minimalistische und ausgesprochen präzise Uhr und das letzte Stück des Uhren-Triptychons der L-Serie.

 

Text: Anita Di Domenico, Bestswiss

 

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