Nachhaltigkeit heute Nachhaltigkeit ist im 21. Jahrhundert zu einem Schlüsselkonzept mit einem fixen Platz in der Medienberichterstattung, in Politik, Wirtschaft und im Bildungswesen geworden. Aber seine Omnipräsenz hat auch Nachteile: Durch den inflationären Gebrauch des Begriffs ist dessen Bedeutung zunehmend vage geworden. Was genau meinen wir heute, wenn wir von nachhaltiger Entwicklung oder von nachhaltigen Produkten sprechen? Ganz so einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn es gibt viele verschiedene Auffassungen davon, was denn eine nachhaltige Entwicklung ausmacht. Im Alltag und oftmals auch in der Wirtschaft versteht man darunter lediglich einen Prozess mit einer gleichförmigen und moderaten Wirkung. Ökologische Aspekte werden hier nicht unbedingt berücksichtigt. Vom ökologischen Verständnis zum globalen Nachhaltigkeitsbegriff Im Gegensatz dazu steht das sogenannte „ökologische Verständnis“ der Nachhaltigkeit. Für die Vertreterinnen und Vertreter dieses Ansatzes sind Umwelt und Natur zentral, wobei die Argumente oft biozentrisch sind: Naturschutz und Umweltrichtlinien sollen nicht nur dem Erhalt von Ressourcen dienen, die für den Menschen lebensnotwendig sind. Gemäss dem „ökologischen Verständnis“ fussen sie vielmehr auf ethischen Überlegungen bzw. werden mit dem Eigenwert der Natur begründet. Die heute geläufigste Definition von Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Politik ist im sogenannten Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung von 1987 zu finden. In diesem Bericht wurde das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung definiert als Entwicklung, die die Bedürfnisse gegenwärtiger Generationen befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können. Dieses Verständnis, das dem heutigen Nachhaltigkeitsbegriff der Vereinten Nationen entspricht, wird global anerkannt.
Das 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit in diesem Sinne ist eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe. Um Lösungen zu finden, ist eine sektorenübergreifende und transdisziplinäre Zusammenarbeit nötig. Nachhaltigkeit hat drei Dimensionen (die auch als 3-Säulen-Modell bekannt sind): die soziale, die ökonomische und die ökologische. Sozial nachhaltig ist eine Gesellschaft, wenn keine grösseren Spannungen und Konflikte entstehen, die auf friedlichem Wege nicht mehr zu lösen sind. Ökonomisch nachhaltig ist eine Wirtschaft dann, wenn sie von den kommenden Generationen wie bis anhin fortgeführt werden kann. Ökologische Nachhaltigkeit zielt darauf ab, nicht mehr natürliche Ressourcen zu verbrauchen, als wieder nachwachsen oder sich regenerieren können. Damit eine Gesellschaft nachhaltig ist, muss jede dieser drei Dimensionen beachtet werden. Diese Definition zielt also auf die inter- und intragenerationelle Gerechtigkeit ab. Anders als das ökologische Verständnis herrscht hier ein anthropozentrischer Ansatz vor. Das hat viele Vorteile: Um die Notwendigkeit der nachhaltigen Entwicklung einzusehen, muss man beispielsweise nicht grundsätzlich eine „grüne“ Einstellung haben. Der Nutzen für den Menschen steht im Vordergrund. Der Erhalt eines Naturschutzgebietes beispielsweise kann so nicht nur mit dem Recht von Flora und Fauna auf eine bestmögliche Entfaltung begründet werden, sondern auch mit all seinen Funktionen für den Menschen: Intakte Wälder sorgen beispielsweise für gesunde Luft und sauberes Wasser, bieten Erholung und Raum für Outdoor-Aktivitäten, ziehen Touristen an und kurbeln so die Wirtschaft an, schützen aber auch vor Lawinen oder Erdrutschen und üben weitere Funktionen aus. Bewusst konsumieren Die anthropozentrische Argumentationsweise hat aber auch ihre Nachteile: Wenn wir nur schützen, worin wir einen direkten Nutzen erkennen, laufen wir Gefahr, wichtige Elemente, deren Bedeutung noch nicht erkannt wurden, aus dem Gleichgewicht zu bringen oder gar unwiderruflich zu zerstören. Das riesige Netzwerk an Wirkungszusammenhängen, dessen zahlreiche bekannten und unbekannten Korrelationen und Kausalitäten machen es schwierig, zu bestimmen, wann eine Aktivität nachhaltig ist. Unser Wissen über natürliche Zusammenhänge ist noch immer sehr beschränkt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Forschung weiter voranzutreiben. Bis neue Erkenntnisse generiert werden, müssen wir so agieren, wie es auf Basis des jetzigen Wissensstandes am sinnvollsten scheint, und so bewusst wie möglich konsumieren. Das bedeutet: Produkte kaufen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, von denen wir wissen, dass sie ressourcenschonend, umweltfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen mit existenzsichernden Löhnen und geregelten Arbeitszeiten hergestellt werden. Text: Sonja Fischer, Bestswiss Agenda 21 – Aktionsprogramm für mehr Nachhaltigkeit Das Ziel, die Welt nachhaltiger zu machen, verfolgt die Agenda 21 der Vereinten Nationen (UN). Dieses Aktionsprogramm wurde bereits im Jahr 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro beschlossen und setzt die Leitlinien für die nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert. Das Massnahmenpaket spricht vorrangig internationale Organisationen und nationale Regierungen an, richtet sich aber auch an alle weiteren politischen Ebenen. Dabei liegt es an den jeweiligen Regierungen, die Nachhaltigkeitsleitlinien zu konkretisieren und auf nationaler Ebene umzusetzen. Mit der „Lokalen Agenda 21” ruft das Aktionsprogramm zudem die Gemeinden aller 172 unterzeichnenden Staaten dazu auf, auf lokaler Ebene konkrete Massnahmen zu erarbeiten. Die Agenda 21 ist in vier Themenbereiche gegliedert: Eine soziale und wirtschaftliche Dimension, eine Dimension zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Entwicklungsressourcen, eine Dimension der Rollenstärkung wichtiger Gruppen und schliesslich eine Dimension der Umsetzungsmöglichkeiten. Das übergreifende Ziel des Massnahmenpakets ist die Ermöglichung eines „guten Lebens” für alle Menschen. Teilziele sind unter anderem Armutsbekämpfung, Förderung der Gesundheit, Gleichberechtigung, dynamische und kooperative wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie nachhaltige Konsumgewohnheiten. Auch die Verringerung der Luftverschmutzung, die Bekämpfung der Abholzung sowie der Trinkwasserschutz sind wichtige Teile der Agenda. Das gesamte Aktionsprogramm finden Sie hier. Kritik an der Agenda 21 Die Ziele der Agenda 21 klingen vielversprechend, jedoch wird das Massnahmenpaket auch vielfach kritisiert. Die stärkste Kritik betrifft die schwammige Definition des Begriffes „Nachhaltigkeit”, denn dieser wird so von verschiedenen Ländern unterschiedlich aufgefasst und in Massnahmen umgesetzt. Zudem ist die Agenda 21 nicht rechtlich bindend und bei einer mangelnden Umsetzung gibt es somit keine Sanktionsmöglichkeiten. Weiter wird kritisiert, dass es dem Aktionsplan an demokratischen Prozessen mangelt, was Ungleichheiten weiter verstärkt oder zumindest nicht eingrenzt. Als Antwort auf die Kritik wurde 2016 die Agenda 2030 ausgearbeitet, welche die Ziele der Agenda 21 aktualisiert und erweitert. Die neuen Ziele gelten nun für alle Staaten, sind aber weiterhin nicht rechtlich bindend. Nachhaltiger leben im Alltag Nachhaltigkeit ist nicht nur auf nationalem und supranationalem Level ein Thema, auch auf individueller Ebene kann viel für eine nachhaltigere Lebenswelt und Umgebung getan werden. Ob mit dem Verzicht auf das Fliegen, dem Umstieg auf Solarenergie oder einem bewussteren Fleischkonsum: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch es müssen nicht immer grosse Sprünge sein. Bereits mit kleinen Schritten kann ein Individuum oder ein Haushalt zu mehr Umweltbewusstsein beitragen – am leichtesten geht das mit nachhaltigen Alternativen zu Alltagsprodukten. Eine Übersicht über diese Alternativen – von der verpackungsfreien Naturseife bis zur Reisetasche aus recycelten Armeedecken – und Tipps für deren Einsatz finden Sie in unserem Artikel über nachhaltige Produkte. Text: Daniela Waser, Bestswiss Quellen: https://utopia.de/ratgeber/agenda-21-die-ziele-des-programms-leicht-erklaert https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/agenda_21_744.htm