Während die Französinnen und Franzosen ihren Käse gerne mit Baguette und einem guten Glas Rotwein geniessen, oder ihn gar als Dessert nach dem Hauptgang verspeisen, sind die Schweizerinnen und Schweizer dafür bekannt, sich ihren Käse als Rosette beim Apéro, als würziges Raclette oder als Fondue mit Schuss schmecken zu lassen. Aber das ist längst noch nicht alles …
450 Käsesorten: Käseland Schweiz
Käse ist in aller Munde. Auch wenn er uns verpackt in eine Redewendung belustigt („So ein Käse!“ oder „Früher Vogel fängt den Wurm, aber erst die zweite Maus bekommt den Käse“), ist Käse doch in erster Linie eine unvergleichliche Gaumenfreude. Und bei mehr als 450 Käsesorten, die es in der kleinen Schweiz gibt, lässt sich für jeden Geschmack ein Käse finden.
Die Schweiz ist also ein veritables Käseland. Wohl auch deshalb, weil sich der Grossteil des Kulturlandes nicht für den Ackerbau eignet und daher für die Tierhaltung genutzt wird. So weiden zahlreiche Kühe, Ziegen und Schafe auf den grünen Wiesen der Alpen und des Mittellands. Sie liefern die Milch für die zahlreichen Käsesorten, die hierzulande produziert werden.
Viele dieser Sorten sind nicht nur im In-, sondern auch im Ausland bekannt – vom Emmentaler AOP und dem Gruyère AOP über den Appenzeller bis hin zum Tête de Moine AOP. Als Besonderheit des Schweizer Käses gilt: Er ist ein Naturprodukt und wird ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt – mit Ausnahme von Frischkäse, Schmelzkäse und saisonalen Spezialitäten.
Käseherstellung – ein Handwerk mit langer Tradition
Die Käseherstellung hat in der Schweiz eine lange Tradition. Forscher fanden 2016 heraus, dass die Produktion von Käse in den Schweizer Alpen gar schon seit Tausenden von Jahren existieren könnte: An Scherben aus der Eisenzeit fanden sie chemische Spuren, die bei der Herstellung von Käse entstehen – somit könnte in prähistorischer Zeit – vor rund 3000 Jahren – im Gebiet der Schweiz bereits Käse hergestellt worden sein!
Doch wie wird aus der feinen Schweizer Milch denn eigentlich ein Schweizer Käse? Was sich seit Jahrtausenden bei der Käseproduktion bewährt hat, läuft auch heute noch grundsätzlich gleich ab. Dank modernster Technologie wird Käse heute in weit grösseren Mengen hergestellt.
- Schritt 1: Zu Beginn wird die gefilterte Milch auf die gewünschte Temperatur erwärmt, worauf Lab und Milchsäurebakterien hinzugefügt werden. Beim Schimmelkäse gesellen sich zusätzlich wertvolle Schimmelkulturen hinzu. Nun erhält die Milch zwischen 30 und 40 Minuten Zeit, um zu gerinnen.
- Schritt 2: Die geronnene Masse wird nun beim Vorkäsen mit einer sogenannten Käseharfe zerkleinert. Dabei trennen sich die Käsekörner von der wässrigen Molke. Hierbei gilt: Je kleiner die entstandenen Käsekörnchen, desto härter wird der fertige Käse.
- Schritt 3: In diesem Schritt wird die Masse unter Rühren auf bis zu 57° C erhitzt und anschliessend mithilfe eines Tuches aus der Molke gehoben und mit dem Käsetuch in eine Form gepresst. Während die Molke zur Rahmgewinnung verwendet oder als Ziger weiterverarbeitet wird, wird der Käsebruch mit Milchsäurebakterien versetzt und bis zu zwei Tage lang in ein Salzbad So gibt der Käse Flüssigkeit ab und bildet eine Rinde.
- Schritt 4: Die fleissigen Milchsäurebakterien lassen den Käse schliesslich gären und reifen. Während der Reifung wird der Käse regelmässig gewendet und gewaschen und erhält den Geschmack, der für seine Sorte typisch ist. Bei einem Tomme ist die Reifung schon nach einigen Tagen beendet – bei einem Sbrinz AOP kann diese mehrere Jahre dauern.
- Schritt 5: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Bevor der Käse von Käsegourmets im In- und Ausland verspeist werden kann, durchläuft er eine Qualitätskontrolle. Diese soll sicherstellen, dass sowohl die Lochbildung als auch die Qualität, der Geschmack und das Äussere allen nötigen Anforderungen entsprechen.
Warum Schimmelkäse nicht giftig ist und wie die Löcher in den Käse kommen
Beim Gedanken an Schimmel sträuben sich bei den meisten Menschen vor Grauen die Nackenhaare – nicht so, wenn sie an Schimmelkäse denken. Denn der Schimmel in bestimmten Käsesorten – etwa im italienischen Gorgonzola oder im französischen Roquefort – gehört zu den äusserst delikaten Edelschimmelpilzen. Der Blauschimmel Penicillium roqueforti sorgt nicht nur für die grünlich-blauen Flecken im Käse, sondern verleiht ihm einen besonders würzigen Geschmack und macht ihn länger haltbar. Eine weitere Edelschimmelsorte ist der Stamm Penicillium camemberti, der als weisser Flaum Weichkäsesorten wie Camembert oder Brie bedeckt und eine konservierende Wirkung hat. Was für Edelschimmelkäsesorten gilt, kann leider nicht auf andere Käsesorten übertragen werden. Wenn hier ein erster Schimmel auftritt, gilt: ab damit in den „Ghüder“!
Käsesorten wie der Emmentaler und der Appenzeller haben ihre grosse Bekanntheit wiederum ihren berühmten Löchern zu verdanken. Sie entstehen nicht, weil der Käser in einer Nacht- und Nebelaktion Löcher in den Käse bohrt, sondern weil winzige Heupartikel in der Milch während der Reifung verhindern, dass die durch Bakterien produzierten Gase entweichen. Stattdessen sammeln sie sich an den Heupartikeln an und drücken die Löcher in den Käse.
Weil der Heustaub vor allem beim traditionellen Melken in die Milch gelangt, Kühe aber heute oftmals mit modernen Melkmaschinen gemolken werden, hat sich in den letzten Jahren ein neues Phänomen bemerkbar gemacht: Der Löcherkäse hat immer weniger Löcher!
Der Lieblingskäse der Schweizerinnen und Schweizer …
… ist der Gruyère. Der Käse hat die frühere Nummer eins auf dem Käsemarkt, den Emmentaler, bereits vor Jahren abgelöst. Der Greyerzer Traditionskäse stammt aus der Westschweiz und zeichnet sich durch seinen fruchtig-kräftigen Geschmack aus, der nicht nur im Fondue zu begeistern weiss. In der Reife liegt seine Würze: Mindestens fünf Monate benötigt ein Gruyère AOP, um seinen einzigartigen Geschmack entwickeln zu können.
Auch der Swiss Cheese Award gibt dieser Tendenz recht: Von zehn vergebenen Auszeichnungen für den besten Schweizer Käse gingen sechs an einen Gruyère AOP. Der Greyerzerkäse ist auch weltweit der beliebteste Schweizer Käse. Im Gegensatz zum Emmentaler ist der Name Gruyère geschützt. Er vermittelt im Ausland ein Gefühl von Tradition und steht für die Bilderbuch-Schweiz.
Die Schweizer Qualitätszeichen AOP und IGP
Das Qualitätszeichen AOP steht für die geschützte Ursprungsbezeichnung (Appellation d’Origine Protégéé) und garantiert, dass eine Käsesorte im Ursprungsgebiet erzeugt, verarbeitet und veredelt worden ist. AOP-Produkte haben daher eine besonders starke Verbindung zu ihrer Ursprungsregion.
Um die Bezeichnung IGP (Indication Géographique Protégée) zu erhalten, muss eine traditionelle Schweizer Spezialität entweder im Herkunftsort erzeugt, verarbeitet oder veredelt werden.
Darum gehört Käse auf den Speiseplan
Wie auch andere Milchprodukte enthält Käse unter anderem wertvolles Milcheiweiss, leicht verdauliches Milchfett, die Vitamine A, B2, B12 und D sowie Kalzium. Besonders Käse mit langer Reifung ist ein Spitzenlieferant von Kalzium und unterstützt so nicht nur den Aufbau von starken Knochen, sondern trägt dazu bei, dass die Zähne gesund bleiben.
Hart- und Extrahartkäse sorgen auch bei Laktoseintoleranz für einen ungenierten Käsegenuss. Beide gelten nämlich als laktosefreie Käse, da sie keinen Milchzucker bzw. keine Laktose mehr enthalten.
Ein Grund mehr, auch heute wieder ein Stück Schweizer Käse zu geniessen!
Text: Nadine Ellis, Bestswiss
Quellen:
http://www.zeit.de/2016/19/archaeologie-eisenzeit-kaese
https://www.cheese-awards.ch/de/
https://www.nzz.ch/schweiz/wie-die-loecher-in-den-kaese-kommen-1.18550483
https://www.welt.de/gesundheit/article10890832/Warum-der-Schimmel-im-Schimmelkaese-ungiftig-ist.html