Für den Besuch sollte man sich allerdings genügend Zeit lassen, dies ist man den Produkten schuldig. Viele davon werden in aufwendigen, teils traditionellen Prozessen hergestellt, die in der heutigen Zeit aus rein wirtschaftlicher Sicht wohl kaum mehr erhaltenswert sind. Doch guter Geschmack ist nicht zwingend einfach nur mit Geld aufzuwiegen. Deshalb ist es der Slow-Food-Bewegung auch ein wichtiges Anliegen, dass Produkte unterstützt werden, die zur Erhaltung der regionalen Geschmacksvielfalt beitragen. Dabei geht es auch um die Förderung von nachhaltiger und fairer Produktion in der gesamten Herstellungskette. Faire Bedingungen für Mensch und Natur sollen uns also erlauben, bestmögliche Geschmackserlebnisse in maximaler Vielfalt zu erleben. Slow Food Presidio Projekt Für Nahrungsmittel, Tierrassen und Pflanzensorten, die vom Aussterben bedroht sind, wurden deshalb auf der ganzen Welt Slow Food Förderkreise, sogenannte Presidi, aufgebaut. Bei den Lebensmitteln wird zusätzlich der Produktionsvorgang dokumentiert und das Produkt in einem zentralen Register, der „Arche des Geschmacks“, erfasst. Wer einzigartige, regionale Lebensmittel nach traditionellen Herstellungsmethoden produziert und den Anforderungen einer fairen und sauberen Produktion gerecht wird, erhält im Gegenzug das begehrte Slow Food Presidio Label. Dadurch werden kleine Hersteller gezielt unterstützt und ihr Fachwissen zu althergebrachten, nachhaltigen Produktionsprozessen bleibt erhalten. In der Schweiz besteht eine enge Zusammenarbeit mit Coop. Der Detailhändler bietet bedrohte Produkte im Sortiment an, zudem wird die Herstellung der gefährdeten Nahrungsmittel durch den Coop Fonds für Nachhaltigkeit finanziell unterstützt. Auch wir von Bestswiss erachten die Erhaltung und Förderung solcher Schweizer Traditionsprodukte als wichtig. Deshalb findet man bei uns im Shop auch Marken, die am Slow Food Market vertreten sind – dabei auch einige mit dem Slow Food Presidio Label. Traditionelle Roggenbrote Gleich zwei Hersteller, beide auch bei Bestswiss zu finden, produzieren ein Roggenbrot mit dem Slow Food Presidio Label. Eines der beiden Brote stammt aus dem Wallis, genauer gesagt aus Simplon Dorf. Das „Simpilär Roggenbrot“ in seiner Urform aus Roggenmehl, Wasser und Salz wird nur noch hier von der Bäckerei Arnold hergestellt. Das alte Familienrezept wurde über mehrere Generationen in der Familie weitergegeben. Die Zutaten werden mit einem Teil des Teigs vom Vortag, dem sogenannten „Chef“, zu einer homogenen Masse vermischt. Anschliessend lässt man den Teig mindestens 12 Stunden gekühlt ruhen, bis sich das Volumen beinahe verdoppelt hat. Vor dem Backen wird nun ein kleiner Teil des Teigs weggeschnitten, der beim nächsten Teig als „Chef“ dient. Abschliessend wird das Brot bei 240 Grad für ungefähr eineinhalb Stunden gebacken. Das Resultat ist ein kompaktes, goldbraunes Brot mit dicker, knuspriger Kruste und ausgeprägtem Säuregeschmack. Es ist problemlos bis zu zwei Wochen haltbar und passt besonders gut zu Trockenfleisch und Käse. Bei der Bäckerei Arnold ist das Brot nicht nur „en nature“ sondern auch mit Baumnüssen oder gedörrten Früchten erhältlich. Ein weiteres Roggenbrot mit dem Gütesiegel von Slow Food Presidio ist das Münstertaler Brot aus dem Graubünden. Im Gegensatz zum Walliser Roggenbrot aus Sauerteig wird das Münstertaler Brot aus einem Hefeteig aus 80 Prozent hellem Roggenmehl und 20 Prozent halbweissem Weizenmehl hergestellt. Zuerst wird dazu ein Vorteig, der Hebel, erstellt. Der Teig muss anschliessend während sechs bis acht Stunden gären. Danach wird der Vorteig mit dem restlichen Roggenmehl, Wasser und Salz und dem Weizenmehl vermischt. Man formt zwei faustgrosse Teigstücke, setzt sie zu einem Doppelfladen zusammen und lässt diesen bei 25-30 Grad gehen. Den richtigen Moment zum Backen abzuwarten ist hierbei eine Kunst, die wohl kaum mehr jemand beherrscht, denn sie erfordert viel Erfahrung und Geduld. Das Brot wird ungefähr 30 Minuten bei 240 Grad gebacken. Früher wurde das Brot von den meisten Familien in der Region regelmässig gebacken, oftmals sogar für mehrere Wochen auf Vorrat. Der Roggenanbau ging allerdings mit der Zeit und dem Aufkommen der gewerblichen Backindustrie immer mehr zurück. Heute produziert dieses Roggenbrot nur noch Meier-beck. Die Bäckerei in Santa Maria im Val Müstair ist auch für ihre Bio-Nusstorte sehr bekannt. Der Käse vom Schwein An der südlichen Spitze des Bünderlands, im italienischsprachigen Valposchiavo, stellt die Macelleria Scalino (Metzgerei Scalino) eine Fleischspezialität her, die früher traditionellerweise der Restenverwertung diente. Bei der jährlich stattfindenden „Mazziglia“ (Metzgete), der Schweineschlachtung, wurden in einigen Puschlaver Familien nebst traditionellen Gerichten wie Blutwurst auch die „wertloseren“ Reste wie Hals, Backe, Leber und Bauch verarbeitet – und zwar zum sogenannten Furmagin da Cion. Dazu wurden die eben genannten „Fleischreste“ zusammen mit Zwiebeln, Wein und Gewürzen in einer grossen Holzform für Käse gebacken. Jede Bauernfamilie hatte ihr eigenes Rezept. Die Macelleria Scalino führt ein altes, überliefertes Rezept bereits seit über zwanzig Jahren weiter. Heutzutage wird für die Pastete Bauchspeck, Fleisch vom Hals sowie vom Vorderteil des Schweins, etwas Fett und Schweineleber gehackt und mit Zwiebeln, Knoblauch, Fleischbrühe, lokalem Rotwein und Majoran vermischt. Die Masse wird anschliessend zu kleinen Laiben geformt und mit einem Schweinenetz umhüllt bei 180-200 Grad 40 Minuten lang gegart. Der Furmagin da Cion kann sowohl warm als auch kalt genossen werden, er wird dazu in kleine Scheiben geschnitten und beispielsweise mit Brot serviert. Nebst dem Presidio Slow Food Gütesiegel trägt der Furmagin da Cion der Macelleria Scalino auch noch das Bio Suisse Label, da zur Herstellung nur Fleisch aus lokaler, biologischer Landwirtschaft verwendet wird. Vielseitige Geschmackswelten: Balsamico und Biber Nebst den aufgeführten Beispielen gibt es noch 17 weitere solcher Förderkreise in der Schweiz. Allerdings sind längst nicht alle Produkte an der Slow Food Messe vom Aussterben bedroht und durch einen Förderkreis geschützt. Es geht auch darum, Produkte von lokalen Kleinstproduzenten mit nachhaltiger und fairer Produktion einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dafür gibt es den Gemeinschaftsstand der „Local Food Heroes“: Hiesige Kleinstproduzenten präsentieren ihre Waren aus verschiedensten Bereichen. An der Slow Food Messe ist beispielsweise die kleine Balsamico-Essig-Manufaktur „Casa di Mattoni“ aus Deisswil vertreten, die seit 2013 sortenreinen Frucht-Balsamico-Essig herstellt. In der hauseigenen „Swiss Vinegar Manufactory“ wird eine vielfältige Palette an Frucht-Balsamico-Essigen von erlesenster Qualität produziert. Um einen möglichst unverfälschten und reinen Geschmack bieten zu können, werden für die Herstellung eines einzigen Liters sechs bis acht Kilogramm Früchte vergärt. Der Essig wird also nur aus der namensgebenden Frucht und ganz ohne Zusatzstoffe in reiner Handarbeit hergestellt. Nebst solch fruchtigen Gaumenfreunden gibt es auch im Bereich der Backwaren verschiedenste Spezialitäten zu entdecken, die nicht unmittelbar vom Verschwinden bedroht sind und auch nicht zwingend aus der Region Bern stammen. So zum Beispiel die Appenzeller Biber mit feiner Mandel-Füllung der Biber Bäckerei zur Dorfmühle. Die Lebkuchen-Spezialität enthält Dinkelmehl, Zucker, Mandeln, Bienenhonig, Wasser, Vollmilch und Gewürze, das genaue Rezept ist allerdings geheim. Nach dem uralten Geheimrezept werden die Biber immer noch in Handarbeit produziert. Die Biber Bäckerei in Gais im Appenzellerland bietet den Biber mit verschiedensten klassischen Motiven wie etwa dem Appenzeller Bär an, es gibt aber auch die Möglichkeit, sie mit eigenem Fotomotiv gestalten zu lassen. Hochwertige natürliche und biologische Produkte Bei den „Local Food Heroes“ der Region Bern gibt es in Handarbeit gefertigtes Feingebäck zu probieren. So bietet etwa der Familienbetrieb Backbord aus Ostermundigen hausgemachte und wenn möglich auch immer saisonale und biologische Backwaren an: Brote in verschiedenen Formen und Grössen oder „Chnebus“ mit allerhand drin; Süsses und Salziges kann dabei je nach Jahreszeit variieren. Aussergewöhnlich ist bei Backbord nebst den Backwaren auch das Konzept, das dahinter steckt: In der Backstube in Ostermundigen kann die bestellte Ware direkt abgeholt werden oder sie wird in einem Brotkasten vor dem Ladeneingang zum Abholen bereit gestellt. Das eigentliche Ladengeschäft wird kaum mehr genutzt, dafür gibt es am Samstag am Märit in der Münstergasse und am Donnerstag vor dem „Löscher“ beim Viktoriaplatz einen Verkaufsstand. Das wichtigste Geschäftsfeld von Backbord sind die Lieferungen, die einen Grossteil des Umsatzes ausmachen, der Verkauf auf Bestellung im Ladenlokal in Ostermundigen ist deshalb eher eine Dienstleistung für ehemalige Kunden. Ein anderer spannender lokaler Produzent kommt zwar nicht direkt aus Bern, aber doch ziemlich aus der Nähe: die „Gourmandises de Fribourg“ aus dem Nachbarskanton Freiburg. Unter diesem Label bieten Béatrice und Jean-Marc Pittet seit vielen Jahren feine Freiburger Spezialitäten nach altbewährten Familienrezepten an. Beatrice bringt als gelernte Köchin das nötige Know-How in Verarbeitung und Produktion mit und ihr Mann Jean-Marc ergänzt dies mit seinen Erfahrungen als Landwirt. Aus diesem grossen Fachwissen entstehen qualitativ hochwertige Produkte mit authentischem Geschmack. Béatrice und Jean-Marc Pittet ist es dabei wichtig, Spezialitäten ohne Konservierungsstoffe, Farbmittel oder Geschmacksverstärker herzustellen und zur Herstellung nur Produkte aus biologischem Anbau zu verwenden. Nebst klassischen Produkten wie den Bio-Meringues oder den Anisbrötli produzieren die beiden seit 2015 auch das Leindotter-Öl „Camelina“. Das kaltgepresste Pflanzenöl für die kalte Küche bietet zahlreiche, positive gesundheitliche Nebeneffekte durch einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E. Das Öl hat eine leichte Senfnote, der Geschmack erinnert an frisches Gras. Slow Food bei Bestswiss Wenn Sie gerne mehr über die Produkte sowie die Leute dahinter erfahren möchten, schauen Sie doch vom 2. bis 4. März 2018 an der Messe auf dem Berner Expogelände vorbei. Tauchen Sie ein in eine vielfältige Genusswelt mit einzigartigen Sinneserlebnissen und lassen Sie sich von fairen und nachhaltigen Produkten dazu anregen, Ihr Konsumverhalten täglich aufs Neue zu hinterfragen. Entdecken Sie faszinierende Geschmackswelten von Kleinproduzenten aus Ihrer Region, die Ihnen sonst womöglich verborgen bleiben. Und wenn der Besuch vor Ort keine Option ist, können Sie sich bei Bestswiss ausgewählte Slow-Food-Produkte bequem nach Hause liefern lassen und sich so ohne grossen Aufwand dem Genuss feinster Delikatessen hingeben. So finden Sie bei uns Produkte der Bäckerei Arnold, Nusstorten von Meier-beck, den Furmagin da Cion der „Macelleria Scalino“ sowie Biber der Biber Bäckerei zur Dorfmühle. Mehr über Schweizer Spezialitäten Text: Lukas Utiger, Bestswiss